Genozid
Der Völkermord an den Ezid_innen begann am 3. August 2014 in Shingal, im Nordirak. Ihre Verfolgung und Vernichtung qualifizierten die Vereinten Nationen, zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Staaten (u.a. USA, Kanada, England, Israel, Armenien) einheitlich als Völkermord. Das Europäische Parlament folgte dieser Bewertung mit einer Resolution im Februar 2016. Nach einer erfolgreichen Online-Petition wurde die Anerkennung des Völkermords in Deutschland bereits im Petitions- und Menschenrechtsausschuss thematisiert als solcher am 19. Januar 2023 durch den Bundestag anerkannt. Der von den Ezid_innen als Ferman bezeichnete Genozid ist bisher aus einer Vielzahl von Gründen weder im Irak noch in einem anderen Land dokumentarisch und wissenschaftlich aufgearbeitet oder justiziell geahndet worden. Die Folgen für die betroffenen Ezid_innen sind hingegen über acht Jahre danach noch massiv und zerstörerisch.
Überfall August 2014
Schon vor dem Beginn des Genozids im Jahr 2014 gab es immer wieder Repressionen und Terrorakte gegen Ezid_innen in der Provinz Shingal. So starben im August 2007 über 500 Menschen in den beiden ezidischen Ortsteilen Til Ezêr und Sîba Şêx Xidir, mutmaßlich durch islamistische Selbstmordattentäter. Bis 2014 war Shingal mit ca. 400.000 Ezid_innen, die neben etwa 80.000 arabisch-muslimischen Menschen gelebt haben, das weltweit größte ezidische Siedlungsgebiet.
Am frühen Morgen des 3. August 2014 überfielen Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Siedlungsgebiete der Ezid_innen in Shingal. Die Peshmerga, die Militäreinheiten der autonomen Region Kurdistans, die dort seit dem Fall Saddam Husseins 2003 stationiert waren, zogen sich mit Beginn der Angriffe zurück. Mit schwerer Artillerie zerstörten die Kämpfer des IS Dörfer, Städte und Tempel. Sie raubten und brandschatzten. Die festgenommenen Familien wurden selektiert. Männer und Flüchtende ermordeten die Täter einzeln oder in Gruppen, auch vor den Augen ihrer Angehörigen. Die Opfer wurden in über 80 Massengräbern verscharrt. Über 6.400 Ezid_innen, vor allem Frauen und Kinder wurden verschleppt, vergewaltigt und versklavt. Innerhalb weniger Stunden wurden rund 400.000 Menschen zu (Binnen-)Flüchtlingen.
Der Genozid an den Ezid_innen spielte sich vor den Augen und mit dem Wissen der (medialen) Weltöffentlichkeit ab: Hilferufe und Videoclips der Verbrechen verbreiteten sich ebenso über Handy und E-Mail wie alle Nachrichten der IS-Täter, die auf ihren Social-Media-Kanälen ihre Gräueltaten propagandistisch in Szene setzten.
Flucht
Der Überfall auf die Stadt und die gleichnamige Provinz Shingal zwang rund 400.000 Ezid_innen, ihre Heimat zu verlassen. Wer sich nicht in den Tagen oder Stunden zuvor in die Region Kurdistan retten konnte, floh in das angrenzende Gebirge. Hier waren sie vom IS umzingelt. Die Menschen, die häufig nicht einmal mehr die Möglichkeit gehabt hatten, persönliche Habseligkeiten oder ausreichend Lebensmittel und Trinkwasser zur Versorgung mitzunehmen, verbrachten hier mehrere Tage. Sie waren einer extremen Sommerhitze ausgesetzt. Vereinzelt kämpften sie von hier aus gegen den IS und verhinderten somit vermutlich, dass dieser schnell in das Gebirge vordringen konnte, wo tausende Zuflucht gesucht hatten. Am 10. August 2013 schließlich konnten Einheiten der YPG/YPJ aus Rojava (Nordsyrien) mit Unterstützung weiterer militärischer Einheiten und Einzelpersonen einen Fluchtkorridor von Shingal nach Rojava einrichten, über den dann etwa 50.000 Ezid_innen gerettet werden konnten. Auf diese Weise verhinderten sie ein noch größeres Massaker durch die IS-Terrormiliz. Für viele Ältere und Kleinkinder kam diese Rettung jedoch zu spät. Sie verdursteten und verhungerten im Gebirge.
Die nach Rojava (Nordsyrien) entkommenen Ezid_innen konnten zu diesem Zeitpunkt kaum auf organisierte Hilfsstrukturen zurückgreifen, da die Flucht über den Korridor aufgrund der massiven Bedrohungslage schnell organisiert werden musste. Viele von ihnen lebten tagelang auf der Straße, ein großer Teil von ihnen zog in den Folgetagen weiter in den Irak, wo sie eine ähnliche Situation vorfanden. Erst nach einiger Zeit konnten in den kurdisch verwalteten Gebieten in Syrien und im Irak provisorisch eingerichtete Flüchtlingscamps errichtet werden. Viele von ihnen setzten ihre Flucht über die Türkei fort. In den kurdisch dominierten Südost-Regionen der Türkei errichteten vor allen Dingen die Stadtverwaltungen Flüchtlingscamps, in denen auch Ezid_innen Zuflucht fanden. Das größte von ihnen war in der Region Diyarbakır.
Ein Großteil der über die Türkei geflüchteten Ezid_innen nahm den Weg nach Europa auf sich – eine Flucht, die vor dem Hintergrund der Kriminalisierung von Fluchtrouten auch durch die Europäische Union lebensgefährlich ist. Viele Ezid_innen ertranken bei dem Versuch, vor dem durch den IS verübten Völkermord zu fliehen, im Mittelmeer. Diejenigen, die es nach Europa schafften, wurden zumeist von den dortigen Behörden in weitere Flüchtlingscamps gebracht. Auch die Bedingungen in den griechischen Flüchtlingscamps sind provisorisch. Die Camps sind überfüllt. Familien werden häufig sich selbst überlassen. Das häufigste Fluchtziel derjenigen Ezid_innen, die es nach Europa geschafft hatten, war Deutschland. Noch immer leben ca. 200.000 Ezid_innen in den Flüchtlingscamps im Nordirak.
Immer wieder kommt es zu Bränden in den Flüchtlingscamps, wie hier in der Provinz Duhok/Kurdistan, die sich aufgrund der dicht aneinander platzierten und aus Plastik beschaffenen Zelten schnell ausbreiten können. Dabei sind Menschen ums Leben gekommen oder verletzt worden. Ebenso verlieren Menschen das, was sie an Hab und Gut im engen Raum halten konnten, was psychologische Folgen mit sich bringt. Durch Brände ist die Sicherheit in den Camps nicht gewährleistet. © Sifian Badel Alias
Versklavung
Über 6.400 Mädchen, Frauen und Jungen wurden von den IS-Terroristen verschleppt. Für sie begann ein Martyrium. Wiederholt vergewaltigten IS-Kämpfer ezidische Frauen und Mädchen, bevor sie auf Sklavenmärkten in Syrien und im Irak, etwa in Rakka oder Mossul, verkauft wurden. Eine Überlebende erinnert sich an ihren Verkauf auf einem Markt in Rakka:
[I]f any of the men chose us he would raise his hand. The seller from ISIS had [a] paper with our name and the price for us on it. They would give it to the man who raised that hand. Then he would take the woman, or women, to his car and he would go.
— Quelle: Vereinte Nationen I United Nations Human Rights Council (2016): ‚They came to destroy‘: ISIS Crimes Against the Yazidis, S. 13.
Die IS-Angehörigen, die am Kauf und Verkauf beteiligt waren, kamen aus Ländern der ganzen Welt. Es waren etwa Kämpfer aus dem Irak, aus Syrien, aus der Türkei, aus Marokko, Algerien, Ägypten oder auch aus Deutschland und anderen westlich geprägten Ländern unter ihnen. Wie die Vereinten Nationen (2016) erläuterten, begreift der IS entführte Frauen und Mädchen als Kriegsbeute, auf deren Besitz er Anspruch erhebt. Sobald eine ezidische Frau oder ein ezidisches Mädchen verkauft wurde, ging diese in den ‚Besitz‘ des Käufers über. Nach Belieben konnten sie weiterverkauft, verschenkt oder vererbt werden.
Nach ihrem Verkauf lebten ezidische Frauen und Mädchen sowie kleinere Kinder, die mit ihren Müttern verkauft wurden, direkt bei den IS-Kämpfern oder wurden von diesen in Wohnungen oder Häusern untergebracht. Da sie ihre Unterbringung nicht verlassen durften, wurden sie für gewöhnlich eingeschlossen. Fluchtversuchen wurde vorgebeugt, indem den gefangenen Frauen und Mädchen die Abaya, ein traditionelles islamisches Kleidungsstück, das von Frauen in der Öffentlichkeit der IS-Gebiete getragen werden musste, verwehrt wurde. Überlebende berichten von absoluter Rechtlosigkeit, von sexueller wie häuslicher Sklaverei, Zwangsverheiratungen, Zwangskonversion zum Islam und schwerster Indoktrination. Die Ausübung sexueller Gewalt, so fassen es Tagay und Ortaç (2016) zusammen, werde vom IS dabei durch eine fundamentalistische Interpretation islamischer Rechtssätze legitimiert.
Aktuell befinden sich noch etwa 2.600 vom IS verschleppte und versklavte Frauen und Kinder – sofern sie noch am Leben sind – in der Gewalt ihrer Peiniger bzw. an Orten, wohin sie verkauft wurden. Vereinzelt gibt es Fälle, in denen der Freikauf einer ezidischen Frau oder eines ezidischen Kindes für horrende Summen aus der Gefangenschaft gelingt oder Vermisste in Flüchtlingslagern gefunden werden.
Massengräber
Nach der militärischen Zurückdrängung des IS wurde das Ausmaß seiner Verbrechen offenkundig. Die Opfer seiner Gräueltaten verscharrte die Terrormiliz in Massengräbern, von denen die größten bis zu 3.000 Leichen fassen. Mehr als 200 Massengräber mit den Überresten der Opfer des Islamischen Staates wurden im Irak entdeckt, fast die Hälfte davon in der nördlichen Provinz Ninive, die zum Zeitpunkt der Überfälle mehrheitlich von Ezid_innen bewohnt wurde. Weitere Massengräber fand man in Syrien Allein in der ehemaligen IS-Hochburg Rakka wurden bislang über 4.000 Leichen ausgegraben. Die meisten Menschen, deren sterbliche Überreste in den Gräbern gefunden wurden, konnten trotz wissenschaftlicher Dokumentation und forensischer Maßnahmen bis heute nicht identifiziert werden. Auch wurden einige Massengräber durch die Terrormiliz angezündet und ungeschützt der Witterung und den ansässigen Tieren überlassen, sodass nicht mehr alle sterblichen Überreste der Ermordeten in ihnen zu finden sind.
Da die Massengräber im Nordirak die Überreste der vom IS ermordeten Ezid_innen beinhalten, wird ihre Öffnung in den Gebieten des Nordirak zudem von religiösen Persönlichkeiten der Ezid_innen begleitet. Die Toten werden zeremoniell auf ezidische Friedhöfe umgebettet. Ihnen wird somit im Nachgang ein würdevolleres Begräbnis zuteil.
Zerstörung von Kulturgut
Mit Beginn des anhaltenden Genozides an den Ezid_innen in Shingal hat der Islamische Staat auch heilige Türme und Tempel zerstört. Die heiligen Stätten und Pilgerorte in den Siedlungsgebieten der Ezid_innen sind Zeugnis von Geschichte, Identität und Glauben. Es sind spirituelle Orte, die die Mitglieder der Gemeinde einen. Hier kommen Menschen mindestens einmal im Jahr zum großen Pilgerfest zusammen und suchen diese auch zwischendurch auf. Letztres trifft oft zu, wenn Menschen krank sind oder sie sich etwas wünschen wollen. Zum großen Teil werden durch Türme und Tempel Personen geehrt, die in der Geschichte für die Gemeinschaft Wichtiges geleistet haben, wie z.B. vor Genoziden geschützt und sie religiös betreut haben. Da der Glaube mündlich überliefert wird, bilden Tempel auch Spuren der Geschichte und Herkunft einer Gemeinschaft. Mit dem Wiederaufbau und der Einweihung von einzelnen Tempeln ist nach dem Sieg gegen den IS und der Rückkehr von Menschen in Shingal begonnen worden.
Der Reiter von Gêdûk (Sûwârê Gêdûkê) war Şêx Mahamma. […] Er war ein tapferer Kämpfer. Er beschützte […] Êzîdxan [von Ezid_innen bewohntes Gebiet]. […] Die Simoqî sagten, wenn sie auf die Alm zogen, nahmen sie ihre Zelte mit. All ihre (Wert-)Sachen und Gold ließen sie am Tempel von Sûwârê Gêdûkê. Es wurde zu keiner Zeit etwas gestohlen.
— Quelle: Ezidischer Überlebender über den Tempel Mahma Reşa. Aus: Aufbauende Erinnerungen, Women for Justice 2020, S.10.
Widerstand und (Macht-)Kämpfe in Shingal
Obwohl die Provinz Shingal auch nach dem Sturz Saddam Husseins administrativ zur Zentralregierung in Bagdad gehörte, hatte die kurdische Regionalregierung dort de facto die Kontrolle u.a. durch die Stationierung ihrer bewaffneten Einheiten, der Peshmerga, denen sich auch Teile der Ezid_innen angeschlossen hatten. Shingal fällt unter den §140 der irakischen Verfassung, nach dem in „strittigen Gebieten“ die Bevölkerung durch ein Referendum die administrative Zugehörigkeit zu Bagdad oder Kurdistan selbst bestimmen kann.
Aufgrund der erkennbaren Gefahr durch den IS, der bereits nach Mosul und Til Afer vorgedrungen war, hatten die Eziden in ihren Ortschaften bereits Wochen vor dem 3. August 2014 Schutzgräben errichtet. Mit leichten Feuerwaffen wurde 24 Stunden im Wechsel Wache gehalten. Nach Beginn der Angriffe auf Süd-Shingal am frühen Morgen des 3. August 2014 kämpften die ezidischen Männer an den Schutzgräben in Gir Zerik und Sîba Şêx Xidir bis ca. 7 Uhr morgens gegen den IS, bis ihre Munition ausging. Die in Shingal stationierten Peshmerga zogen sich am frühen Morgen nach Kurdistan zurück. Auch Ezid_innen, die in Deutschland lebten, schlossen sich kurdischen und ezidischen Einheiten an, um gegen den IS zu kämpfen. Andere waren über Familienangehörige mit Deutschland verbunden. Ein bekanntes Beispiel ist Qasim Şeşo. Er schloss sich mit seinem Sohn von Deutschland aus dem Kampf gegen den IS in Shingal an.
Am 3. August 2014 konnten einige PKK-und YPG/YPJ-Kämpfer_innen aus Rojava (Nordsyrien) in das Shingal-Gebirge vordringen. Sie kämpften, sammelten Ezid_innen um sich, die sich dem IS im Gebirge entgegenstellten, bildeten Entschlossene aus und koordinierten. Daneben gab es auch eigene bewaffnete ezidische Familienbündnisse. Über den am 10. August 2014 von YPG/YPJ gemeinsam mit den Streitkräften der PKK (HPG und YJA-Star) geschaffenen Korridor nach Rojava (Nordsyrien) konnten zehntausende Ezid_innen, die vom IS umzingelt waren, gerettet werden.
Mitte Oktober 2014 schaffte der IS es, den Kessel bis zum Fuß des Shingal-Gebirges zusammenzuziehen. Nur die Ortschaft um den heiligen Tempel von Şerfedîn konnte von den inzwischen gegründeten bewaffneten ezidischen Einheiten HPŞ (Hêza Parastina Şingal) und der YBŞ (Yekîneyên Berxwedana Şingal) gehalten werden.
Eine Peshmerga-Offensive im November 2014 führte dazu, dass im Dezember 2014 wieder Teile der Stadt Shingal in kurdische Hand fielen. Im Herbst 2015 startete eine Großoffensive (Operation Free Shingal), in derem Zuge die Peshmerga wichtige Gebäude in der Stadt Shingal besetzten während die YBŞ, YPG und PKK vor allem Häuserkämpfe führten. Auch die HPŞ war an dieser Offensive beteiligt. Eine im Oktober 2015 gegründete ezidische Allianz (Fermandariya Hevbeş a Şengalê) zwischen YJÊ (Fraueneinheit der YBŞ), YBŞ, HPŞ und anderen unabhängigen ezidischen Einheiten fiel später aufgrund ideologischer und politischer Unterschiede auseinander. Der Verlust der Stadt Shingal war für den IS ein empfindlicher Rückschlag, da durch die dort verlaufende Hauptbeförderungsstraße die beiden IS-Hauptstädte Rakka und Mossul verbunden waren.
Im Jahr 2017 änderte sich die Machtsituation. Die Anti-IS-Anstrengungen der USA brachten irakische föderale Kräfte zurück nach Shingal, besonders paramilitärische, schiitische Gruppen der Popular Mobilisation (al-Hashd al-Shaabi). Diese eroberten Mosul zurück und nach einem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum der Regionalregierung Kurdistans drängten sie die KDP-Peshmerga aus Shingal und koordinierten ihre Präsenz mit der YBŞ und anderen ezidische Einheiten.
Seit 2017 finden kontinuierlich türkische Luftangriffe auf Shingal statt. Neben Toten und Verletzten, darunter sowohl Mitglieder der ezidischen Streitkräfte, also auch Zivilisten, kommt es zu psychisch individuellen und gesellschaftlichen Folgen. Die Türkei zielt besonders auf Führungspersönlichkeiten, Kommandanten und Stützpunkte der YBŞ, denen sie vorwerfen, eine Vertretung der PKK in Shingal zu sein. Weitere Ziele sind die Sicherheitskräfte der Selbstverwaltung (Asayîşa Êzîdxanê) oder Gebäude ihnen nahestehender Zusammenschlüsse, wie die der autonomen Selbstverwaltung Shingals. Teile der YBŞ sind in die überwiegend schiitischen, sogenannten Volksmobilisierungseinheiten (PMU) eingetreten, die vom irakischen Staat als Teil der regulären irakischen Armee (80th Regiment) anerkannt werden. Das Krankenhaus in Skeniye wurde im August 2019 durch einen türkischen Luftangriff komplett zerstört. Sieben Menschen kamen dabei ums Leben. Ackerland wurde ebenso beschädigt.
Das im Oktober 2020 unterzeichnete Erbil-Bagdad-Ankommen sieht u.a. die Ersetzung der bewaffneten ezidischen Einheiten durch irakische Streitkräfte vor, was immer wieder zu Spannungen und Zusammenstößen zwischen YBŞ und der irakischen Armee führt, weil erstere ihre Stützpunkte nicht aufgeben wollen.
Die anhaltende Unsicherheit hält viele in den Flüchtlingslagern in Kurdistan davon ab, nach Shingal zurückzukehren. Viele bereits zurückgekehrte Ezid_innen mussten aufgrund von Gefechten oder Luftangriffen erneut nach Kurdistan fliehen.
Im Kampf gegen den IS oder durch türkische Luftangriffe getötete Kämpfer_innen und Zivilist_innen werden bei Ezid_innen, Kurd_innen und Araber_innen als Märtyrer_innen verehrt. Ihre Bilder und Statuen sind an öffentlichen Orten wie z.B. an Hauptstraßen, Kreiseln oder auch an und in privaten Gebäuden zu sehen. Die YBŞ/YJÊ hat einen eigenen Märtyrer_innenfriedhof in der Ortschaft Kersê geschaffen. Es gibt zahlreiche Lieder zu ezidischen, kurdischen und arabischen Einheiten und Kämper_innen, Gedichte und Lieder über Märytrer_innen. Vielen Märtyrer_innen wird an ihrem Jahrestag oder bei Veranstaltungen gedacht.
Ezidische Widerstandskämpfer © Sifian Badel Alias
Gedicht von Hecî Qîranî „Şêrê Skeniye“ (deutsch „Der Löwe von Skeniye“), zum Gedenken an Şêx Xêrî, der sich dem Kampf gegen den IS angeschlossen hatte und im Oktober 2014 vom IS getötet wurde.
Ich kann schwören,dass niemand mutiger war als DuAls der Mutige bleibst du in unseren GedankenDer Speer des Widerstandes und der VerteidigungDein Denkmal an der Wasserquelle von Skeniye wird eines TagesZur Pilgerfahrt der Jugendlichenund ein Symbol der Heldentaten sein.
— Auszug aus dem Gedicht von Hecî Qîranî „Şêrê Skeniye“, zum Gedenken an Şêx Xêrî, der sich dem Kampf gegen den IS angeschlossen hatte und im Oktober 2014 vom IS getötet wurde. Übersetzung, 2. Strophe